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KZ Loibl Nord
"Ausgrabungen am Loiblpaß"
-- Aspekte der Kärntner Nazi-Geschichte 2


Die "ordentliche Beschäftigungspolitik" (J. Haider) der Nazis bestand zu dieser Zeit vor allem darin, daß es der SS zunehmend gelang, die Interessen der Rüstungsindustrie mit der eigenen Machterweiterung zu verbinden. Die SS nützte ihr Terrorsystem so aus, daß sie für kriegswichtige Wirtschaftszweige "Menschenmaterial" in fast unbegrenztem Ausmaß zu beschaffen versprach: durch Zwangsrekrutierung von Sklavenarbeitern in den besetzten Gebieten, durch den Einsatz von Kriegsgefangenen in Landwirtschaft, Bergbau und Industrie, und vor allem durch das mörderische Ausbeuten der Arbeitskraft von KZ-Häftlingen.

Das Interesse an der Verwertung der Arbeitskraft der Deportierten und Gefangenen war das einzige Motiv, das in Konkurrenz zur völligen Vernichtung des Gegners stand. Wer von den "Untermenschen" nicht sofort liquidiert wurde, wer der Genickschußanlage, dem Galgen, der Gaskammer, entkam, dem wurde von Vertretern der "Herrenrasse" die Chance gegeben, durch brutale Behandlung, durch Unterernährung und krankmachende Arbeitseinsätze und Lagerinternierung zugrunde zu gehen. Dafür war das KZ Mauthausen mit seinen über 40 Außenlagern berüchtigt; das KZ Mauthausen, gleich nach dem sog. Anschluß im Sommer 1938 installiert, war von den Nazis selbst von Anfang an als "Lager der Stufe III" geplant, d.h. zur Vernichtung des politischen und ideologischen Gegners vorgesehen. Die "Arbeitsfähigkeit", als Kriterium für die Deportation in die Außenlager, machte dann keine Unterschiede mehr nach politischer oder ideologischer Gegnerschaft. So waren im Loibl-KZ zunächst überwiegend Franzosen, zuletzt aber Männer verschiedenster Nationalität und Herkunft interniert, wobei in den letzten Monaten und Wochen auch noch Juden aus Mauthausen zur Zwangsarbeit herangezogen wurden. Daß dieses letzte Aufgebot an geschundenen Arbeitssklaven von den Nazis Anfang Mai 1945 nicht im Tunnel eingeschlossen und durch Sprengung "beseitigt" wurde, war der strategischen Position des Tunnels zuzuschreiben: Über den Loibl zog sich ein Großteil der geschlagenen deutschen Wehrmacht vom Balkan zurück, allerdings noch unter voller Bewaffnung und begleitet von Heerscharen von kroatischen, bosnischen und anderen Nazikollaborateuren, die alle versuchten, möglichst in die Gefangenschaft der Engländer und nicht in die der Kärntner Partisanen und Tito-Einheiten zu geraten. Dafür war die Drau, südlich von Klagenfurt, der angestrebte "Grenzübergang". Noch bis eine Woche nach dem 8. Mai 1945 lieferten die zurückflutenden deutschen Truppen den Partisanen in Südkärnten blutige Gefechte. Die beiden Loibl-KZ wurden in den Wirren der letzten Kriegstage "aufgegeben", die SS-Wachmannschaften versuchten ebenfalls, zum Teil mit Häftlingen als lebende Schutzschilder, die Draubrücke zu erreichen. Der Blick auf die Nazi-Zeit ist in Österreich noch voll von blinden Flecken und mystifizierenden Geschichtsbildern. Innerhalb von Österreich ist dieser Blick jedoch nirgendwo so getrübt und so einseitig auf die "Heldengeschichte" der damaligen Täter gerichtet wie in Kärnten. So ließ man 50 Jahre lang Gras, Gebüsch und inzwischen auch schon Bäume über die Fundamente des Loibl-KZ Nord wachsen und negierte in der Öffentlichkeit die Existenz des Loibl-KZs und die Beteiligung Kärntens an der "Baustelle des Todes" (wie der Tunnel in der Terminologie der Deportierten genannt wurde).

Eine Verdrängungleistung, der auch die Erinnerungen an andere Terrorstätten der Nazis zum Opfer fielen, wie z.B. das "Nebenlager Klagenfurt", das als KZ der damaligen "SS-Junkerschule" in Lendorf (am Standort der heutigen Bundesheerkaserne) angegliedert war; eine Verdrängungsleistung, die dem Verschweigen bzw. dem raschen Vergessen der Verbrechen der lokalen SS- und Nazi-Größen entgegen kam; eine Verdrängungsleistung, von der es nur ein kleiner Schritt war zur Verherrlichung der "Helden" des 2. Weltkrieges bei den Kärntner Urichsbergfeiern und zu Haiders Lobrede auf die "lieben Freunde" von der SS im Herbst 1995 in Krumpendorf. Im selben Jahr (1995) wurde jedoch der Konsens des Verschweigens ein Stück weit gebrochen. Eine kleine Gruppe engagierter Wissenschafter der Universität Klagenfurt, Gründungsmitglieder der Gruppe "Mauthausen Aktiv Kärnten/ Koroska", begann mit der Aufarbeitung der Loibl-Geschichte und mit der öffentlichen Thematisierung dieses verschwiegenen Kapitels der Naziverbrechen in Kärnten. Es entstand eine Buchpublikation (Zausnig 1995), eine Wanderausstellung und zwei große Informations- und Hinweistafeln bei der österreichischen Zollstation am Loiblpaß. Bei einer international viel beachteten Feier wurden diese Tafeln am 10. Juni 1995 unter Anwesenheit des Österreichischen Innenministers, des Kärntner Landeshauptmannes und seiner zwei Stellvertreter sowie zahlreicher Repräsentanten des öffentlichen Lebens und ehemaliger Häftlinge enthüllt. Für die französische Delegation der "Amicale de Mauthausen" sprach Jean Baptiste Mathieu, ehemals Loibl-KZ Deportierter mit der Mauthausen-KZ-Nummer 26.864, zu den Anwesenden. Er sagte unter anderem: "Die Geschichte, die hier von den 'gestreiften' Häftlingen mit Schweiß, Blut und Tränen geschrieben wurde, darf nicht versteckt und ignoriert weren; sie darf auch nicht einem lügnerischen Vergessen anheimfallen. Sie muß Zeugnis ablegen für den Freiheitskampf, für die Freiheit, die zwar wiedergewonnen, aber immer bedroht ist, die der erste Imperativ ist und bleiben muß, der erste und höchste Wert unter allen unseren gesellschaftlichen Werten." Gstettner 1996
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